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Gaslicht-Kultur e.V.

 

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Die fünf Grundtypen der Berliner Gas-Straßenbeleuchtung

 


 

Schinkelleuchte Modellleuchte bei Nacht und bei Tag ©Gaslicht-Kultur e.V.
 

1. Modellleuchten

Anzahl: 900
seit: 1892
Flammenzahl: 4
Mastformen: Bündelpfeilermast
zumeist wo: Charlottenburg, Spandau
sehenswert: Chamissoplatz, Kreuzberg


Wissenswertes:
Das einheitliche Modell der Berliner Städtischen Gaswerke von 1892/93 war die Modellleuchte, im Volksmund auch "Schinkel-Laterne". Die Gestaltung dieser Leuchte geht auf ältere Entwürfe von Carl Friedrich Schinkel zurück.

Der ursprüngliche Entwurf dieses Modells war 2-flammig, also mit zwei Glühstrümpfen ausgestattet. Ab den 1950er Jahren wurden diese Modellleuchten auf die heute verbreitete 4-flammige Variante umgerüstet. Allerdings ersetzte man im Zuge dieser Umrüstungen die meisten dieser Leuchten durch die Aufsatzleuchten vom Typ BAMAG U7, die weiter unten vorgestellt werden. Meistens sind diese Leuchten auf Ziermasten, den sogen. Bündelpfeilermasten montiert. Unter anderem in der Spandauer Altstadt gibt es diese Form auch an Wandarmen. Eine weitere Formvariante stellen Kandelaber mit zwei, drei oder fünf Armen dar. Ein 5-armiges Original aus dem Jahre 1903 steht in der Charlottenburger Schloßstraße, originalgetreue Nachbauten dieses Kandelabers findet man heute in der Wilmersdorfer Straße, am Stuttgarter Platz, am Karl-August-Platz und im Gaslaternen-Freilichtmuseum. Eine weitere 5-armige Form gibt es am Hohenzollernplatz in Nikolassee sowie vor dem U-Bhf. Dahlem-Dorf, 2- und 3-armige Varianten stehen beispielsweise in Alt-Tegel.

Von diesen Modellleuchten in der hier abgebildeten Form auf Bündelpfeilermasten gibt es heute noch ca. 900 Exemplare in Berlin. Sie stehen hauptsächlich im Umfeld des Charlottenburger Schlosses, in der Umgebung des Kreuzberger Chamissoplatzes und in der Spandauer Altstadt (hier häufig an Wandarmen), aber auch in einzelnen Straßen und Plätzen sowie in den Dorfangern von Hermsdorf, Lübars, Tegel, Kaulsdorf, Marienfelde und Lichtenrade.

 


 

Aufsatzleuchte Aufsatzleuchte bei Nacht und bei Tag ©Gaslicht-Kultur e.V.
 

2. Aufsatzleuchten

Anzahl: 22.000 (Stand 2021)
seit: 1920er Jahre
Flammenzahl: 4
Mastformen: Bündelpfeilermast, Glatter Stahlmast
zumeist wo: Charlottenburg, Zehlendorf
sehenswert: Leonhardtstraße, Charlottenburg


Wissenswertes:
Dieser in Berlin wohl bekannteste Leuchtentyp kam in den 1920er Jahren auf. Die heute verwendete Bauart mit der Bezeichnung "BAMAG U7" wurde seit den 1950er Jahren als Ersatz für Modellleuchten und ältere Aufsatzleuchten sowie zur Verringerung der Laternenabstände eingesetzt. Sie ist mit 22.000 Exemplaren die am weitesten verbreitete Gaslaterne in Berlin.

Aufsatzleuchten waren von Anfang an 4-flammig, einige seltene Exemplare hatten auch sechs Glühstrümpfe. Wie die Modellleuchten sind sie überwiegend auf gusseisernen Bündelpfeilermasten montiert, zum Teil aber auch auf glatten Stahlmasten unterschiedlicher Bauart. Einige der Bündelpfeiler tragen am Fuß die Inschrift I.C.G.A. Dies ist die Abkürzung für den damaligen Masthersteller und bedeutet, dass diese Masten über 100 Jahre alt sind. Gusseiserne Maste haben aufgrund ihres Materials eine hohe Lebensdauer, und Stahlmaste von Gaslaternen können durch eine technische Besonderheit nicht von innen rosten, daher sind diese Maste auch nach so langer Zeit in einem guten technischen Zustand.

Aufsatzleuchten beleuchten heute im Westteil Berlins von Norden nach Süden weite Teile des Stadtgebietes und stehen fast ausschließlich in reinen Wohnstraßen. Eine Besonderheit gibt es in der Charlottenburger Leonhardtstraße, dort stehen diese Leuchten vierreihig - zwei Reihen zur Fahrbahn hin und zwei Reihen auf dem Gehsteig.

 


 

Hängeleuchte Hängeleuchte bei Nacht und bei Tag ©Gaslicht-Kultur e.V.
 

3. Hängeleuchten

Anzahl: 1.900 (Stand 2021)
seit: 1905
Flammenzahl: 4, 6 oder 9
Mastformen: Spitzbogenmast, Großer Galgen, Bischofsstab
zumeist wo: Kreuzberg, Schöneberg
sehenswert: Schloßstraße, Charlottenburg


Wissenswertes:
Hängeleuchten wurden seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Berlin aufgestellt und erreichten ihre größte Verbreitung in den 1920er bis 1950er Jahren. Wegen der höheren Position des Lichtpunktes über der Fahrbahn eigneten sich diese Leuchten vornehmlich für verkehrsreichere Straßen. Die heute verwendeten Bauarten "BAMAG A11" und "BAMAG A21" wurden seit den 1940er Jahren eingesetzt.

Hauptsächlich verfügen Hängeleuchten über vier oder neun Glühstrümpfe und sind an sehr verschiedenen, zum Teil reich verzierten Masten montiert. Diese Maste stammen häufig noch aus der Zeit der Vorläufermodelle. Auffällige Mastformen sind der sogen. Große Galgen und der Große Bischofsstab.

Ab den 1950er Jahren wurden Hängeleuchten in Hauptverkehrsstraßen meist durch die moderneren Gas-Reihenleuchten ersetzt. Heute gibt es noch ca. 1.900 Leuchten dieses Typs in Berlin mit der größten Verbreitung in Kreuzberg. In der Charlottenburger Sophie-Charlotten-Straße und der Kreuzberger Reichenberger Straße findet man zwei Modellprojekte. Hier stehen Hängeleuchten zur Fahrbahn hin in Kombination mit Schinkelleuchten bzw. Aufsatzleuchten auf dem Gehsteig. Durch diese Projekte, an deren Verwirklichung auch Gaslicht-Kultur e.V. (damals Gaslichtinitiative Berlin) beteiligt war, konnte eine Elektrifizierung dieser Straßen verhindert werden.

 


 

Reihenleuchte Reihenleuchte bei Nacht und bei Tag ©Gaslicht-Kultur e.V.
 

4. Reihenleuchten

Anzahl: 260
seit: 1954
Flammenzahl: 4 oder 6, früher auch 9
Mastformen: Peitschenmast, Auslegermast
zumeist wo: Charlottenburg, Wilmersdorf
sehenswert: Rüdesheimer Platz, Wilmersdorf


Wissenswertes:
Diese letzte große Neuentwicklung bei Gas-Straßenleuchten ersetzte in den 1950er und 1960er Jahren vielfach an Hauptverkehrs- und breiten Nebenstraßen die dortigen Hängeleuchten. Neu gebaute Straßen wurden ebenfalls hauptsächlich mit diesen Leuchten ausgestattet.

Die heute vorherrschende Bauart mit der Modellbezeichnung "BAMAG U13H" gab es in drei unterschiedlichen Größen: mit vier, sechs oder neun Glühkörpern; letztere ist seit einigen Jahren aus dem Stadtbild verschwunden. Die Leuchtköpfe dieses Modells findet man an unterschiedlichen Mastformen, überwiegend an den typischen "Peitschenmasten", aber auch an sogen. Auslegermasten, die aus vormaligen Hängeleuchtenmasten umgeformt wurden.

Die Gas-Reihenleuchte ist ein echtes Berliner Kind. Anfang der 1950 Jahre vom langjährigen Leiter der Abteilung Straßenbeleuchtung bei der GASAG, Dipl.-Ing. Wilhelm Hilterhaus, entwickelt, garantierte sie der Gas-Straßenbeleuchtung das Überleben im Konkurrenzkampf mit der Elektrobeleuchtung. Der Leuchtenkopf wurde auf dem GASAG-Betriebsgelände in der Torgauer Straße entwickelt und getestet. Die namensgebenden in einer Reihe angeordneten Glühkörper bildeten das gasbetriebene Gegenstück zur ebenfalls Anfang der 1950er Jahre entwickelten elektrischen Langfeldleuchte. Die treppenförmige Anordnung der Glühkörper garantierte eine optimale Lichtausbeute.

Da der Gaslicht-Abriss in Berlin 2012 mit den Gas-Reihenleuchten begonnen hat, stehen von den ursprünglich 8.400 Stück nur noch 260 auf Berlins Straßen, fast ausschließlich in den Gaslicht-Schutzbereichen in Frohnau, Charlottenburg, Wilmersdorf, Zehlendorf sowie in der Weltkulturerbe-Siedlung "Weiße Stadt". Die Gas-Reihenleuchten waren so etwas wie das Rückgrat der Berliner Gasbeleuchtung, sie bildeten zusammen mit den anderen Leuchtentypen die für Berlin so typischen Gasbeleuchtungs-Ensembles. Das sind Bereiche, in denen die verschiedenen Laternentypen entsprechend ihrer ursprünglichen verkehrstechnischen Aufgaben auf engem Raum zusammenwirken: Aufsatzleuchten in den Wohnstraßen, Modelleuchten an repräsentativen Plätzen und Reihenleuchten in den übergeordneten Sammelstraßen.

 


 

Paellaleuchte Zylinderleuchte bei Nacht und bei Tag ©Gaslicht-Kultur
 

5. Zylinderleuchten

Anzahl: 80
seit: 2000
Flammenzahl: 4
Mastformen: Glatter Stahlmast
zumeist wo: Gatow, Französisch-Buchholz
sehenswert: Jürgen-Schramm-Straße, Gatow


Wissenswertes:
Die oben beschriebene Gas-Reihenleuchte ist zwar die letzte große Neuentwicklung bei der Gasbeleuchtung, die bisher wirklich letzte Neuentwicklung stellt aber die sogen. Zylinderleuchte dar, auch Moderne Aufsatzleuchte genannt oder im Volksmund "Paella-Schüssel". Für diese moderne Gasleuchte mit vier Glühstrümpfen wurde in eine gewöhnliche Elektroleuchte modernste Gas-Beleuchtungstechnik eingebaut. Die Entwicklung dieser Leuchte sowie weitere technische Verbesserungen in der Gas-Beleuchtungstechnik gehen zurück auf den letzten Abteilungsleiter der Gas-Straßenbeleuchtung bei der GASAG, Dipl.-Ing. Michael Kraft, der quasi ein Nachfolger von Hilterhaus ist. Die Moderne Aufsatzleuchte wurde im Jahr 2000 in den Neubaugebieten in Gatow und Französisch-Buchholz aufgestellt.

Die konsequente Weiterentwicklung der Gasbeleuchtungstechnik hin zu immer kostengünstigeren Modellen wird in Berlin aber nicht mehr verfolgt. Daher spielt diese Leuchte mit einer Gesamtzahl von etwa 80 Stück eher eine untergeordnete Rolle in der Straßenlandschaft. Zu besichtigen ist diese Leuchte u.a. in der Gatower Jürgen-Schramm-Straße und ihren Nebenstraßen.